KIM&CHANG
IP-Newsletter | Frühjahr 2015
PATENTE
Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs klären Patentfähigkeits- und Anspruchskonstruktionsmaßstab für Product-by-Process-Ansprüche
Kyeong Tae KANG, Sung Eun KIM, Tommy KIM, Inchan Andrew KWON
Herkömmlich vertrat der koreanische Oberste Gerichtshof den Standpunkt, dass die Patentfähigkeit eines Product-by-Process-Anspruchs ungeachtet des rezitierten Prozesses in Ansehung der spezifischen Struktur des beanspruchten Produkts zu bestimmen sei, außer wenn besondere Umstände vorliegen, unter denen das Produkt nur durch das Verfahren mit dem es hergestellt wird, definiert werden kann (Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Az. 2004 Hu 3416 vom 29. Juni 2006). In seiner Entscheidung vom 22. Januar 2015 (Az. 2011 Hu 927, en banc) modifizierte der koreanische Oberste Gerichtshof jedoch nun seinen früheren Ansatz zu Product-by-Process-Ansprüchen mit dem Hinweis, dass es für die Bewertung ihrer Patentfähigkeit allein und ausnahmslos auf die Struktur und Eigenschaften des Produkts ankomme, nicht auf das Verfahren. Doch auch nach den neuen Richtlinien des Gerichts muss das Herstellungsverfahren scheinbar bei der Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit eines Product-by-Process-Anspruchs berücksichtigt werden, selbst wenn das Verfahren als solches kein beanspruchtes Element ist. Denn das Gericht stellt weiter fest, dass alle Beschreibungen in dem Patent, auch die Beschreibung eines in einem Produktanspruch rezitierten Herstellungsverfahrens, für die Bestimmung von Struktur und Eigenschaften, etc. des finalen Produkts relevant seien.

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs löst eine Reihe unenheitlicher Entscheidungen des Patentgerichts hinsichtlich der Frage, wie Product-by-Process-Ansprüche zu konstruieren sind, „ohne das rezitierte Verfahren selbst zu berücksichtigen“. In einigen Entscheidungen hat das Patentgericht die Verfahrensmerkmale insgesamt ignoriert, in anderen Entscheidungen schien er, sie als eine Möglichkeit zur Bestimmung der Struktur oder Eigenschaften eines Produkts zu behandeln.

Aufgrund der Unvorhersehbarkeit von Erfindungen in den Bereichen Biotechnologie oder Chemie (z.B. Ansprüche für Polymere, Mischungen, Metalle, etc.) ist es oft schwierig oder unpraktikabel, die Struktur oder Eigenschaften solcher Produkte direkt zu definieren, als vielmehr durch das Verfahren, mit dem sie hergestellt werden. Unter der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wäre dies ein „besonderer Umstand“, unter dem das Herstellungsverfahren als Elemenet der Erfindung konstruiert würde und die Erfindung entsprechend begrenzen würde. Nun gab der Oberste Gerichtshof an, dass Verfahrensmerkmale schlicht eine eine Möglichkeit zur Bestimmung der Struktur oder Eigenschaften des endgültigen Produkts seien. Wenn es also nach dem Anmeldetag möglich wird, die Struktur oder Eigenschaften des Produkts direkt auf andere Weise zu bestimmen, als durch das spezifisch in dem Anspruch rezitierte Verfahren, fallen alle Produkte, die nach dieser Methode die gleiche Struktur und Eigenschaften aufweisen, wie das beanspruchte Produkt, in den Anspruchsumfang.

Nach einer weiteren Obersten Gerichtshofsentscheidung (Az. 2013 Hu 1726, entschieden am 12. Februar 2015) gelten dieselben Prinzipien wie die in der oben diskutierten Entscheidung (Az. 2011 Hu 927) genannten, generell bei der Bestimmung des Anspruchsumfangs von Product-by-Process-Ansprüchen im Rahmen von Verletzungen. Das heißt, die Verfahrensschritte sind nicht als zusätzliche Beschränkungen zu behandeln, die in einem angegriffenen Produkt vorliegen müssen, damit eine Verletzung vorliegt, außer wenn „der sich aus einer solchen Interprätation ergebende Anspruchsumfang eindeutig unvernünftig ist (z.B. wenn er unangemessen den von der offengelegten Beschreibung insgesamt gestützten Umfang überschreitet), [in welchem Falle] der Anspruchsumfang auf die in den Ansprüchen rezitierten Verfahrensmerkmale reduziert werden darf.“

Im Hinblick auf das vorstehende sollten Anmelder bei der Bescreibung des Herstellungsverfahrens eines beanspruchten Produkts in einem Patent Vorsicht walten lassen, da angenommen werden könnte, dass solche Verfahrensmerkmale Einfluss auf die Struktur oder die Eigenschaften des beanspruchten Produkts haben, selbst wenn sie nicht spezifisch beansprucht sind.
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